Habe zwar eben schon bei Ubi gepostet, weil ich hoffe, auch "Verschollene" noch mal zu erwischen, aber nun auch hier in diesem schönen Thread, der wiederbelebt werden sollte...
Was war UruLive für mich?
Ich kann das nicht kurz fassen. Tut mir leid.
Ich möchte niemanden mit meinem Text hier erschlagen, würde mich aber über viele, viele Antworten und Erinnerungen freuen.
Vorweg gesagt, ich bin eigentlich keine typische Computerspielerin, eher interessiert am gemeinsamen "Erforschen" (von allem möglichen) mit anderen. Das hat UruLive zu mehr als nur einem Spiel für mich gemacht.
Natürlich gab es Dinge, die mich genervt haben und die will ich vor dem "verherrlichenden" Teil erwähnen.
Die Probleme in die Stadt zu kommen und der Lag dort waren schrecklich. Ich erinnere mich daran, stundenlang im Nexus gestanden zu haben. Ich war so frustriert, erst, weil ich kaum eine Möglichkeit hatte, mir die Stadt überhaupt mal in Ruhe anzuschaun, dann, weil ich sie gerne mit meinen Uru-Freunden erkundet hätte und schließlich, weil die Markerjagd hautsächlich dort stattfand.
Die Bugs haben auch genervt, Teledahn, Kadish oder der Aufzug in Gahreesen waren häufig kaputt.
Ein schrecklicher Fehler war der sogenannte Chatbug. Manchmal konnten Spieler nicht alle KI-Textnachrichten lesen, ich glaube, das trat vor allem dann auf, wenn mehrere Leute in einem Zeitalter waren. Dies hat manchmal zu schrecklichen Missverständnissen geführt, man dachte man würde ignoriert oder ähnliches.
Andere Bugs waren natürlich auch lustig oder interessant. Wie zum Beispiel der XXX in Gaaressen, mit dem man später den ... mehr verrate ich hier nicht
Es gab auch unterschiedliche Ansichten darüber, was für ein Spiel UruLive eigentlich sein sollte und wie die Gemeinden sich zu organisieren hätten. Das war nicht nur eine Chance für produktive Vielfalt, sondern barg auch den Stoff für ziemlich heftige Konflikte. Es gab dazu mal einen Streit in der Gemeinde. Einige wurden dabei verletzt.
Ein anderes Mal war Gruppe A sauer auf Gruppe B, weil die in der Stadt demonstriert hatten. Gruppe A interessierte sich mehr für die Markersuche und wollten die Stadt nicht durch Albernheiten blockiert haben. Gruppe B fands aber ziemlich Klasse, da vor der Bibliothek rumzustehen und zu skandieren, der DRC möge sie endlich öffnen
Manche Dinge haben mich persönlich überhaupt nicht interesiert, Heek zum Beispiel, oder in der Gemeinde stehen und nur so rumchatten, das hat mich oft gelangweilt.
Nun kommt der glorifizierende Teil und warum ich immer noch glaube, dass das Konzept von UruLive außergewönlich und genial ist (Bitte, bitte, Cyan, findet einen Weg )
Interaktion und Story - eine Geschichte leben
Vielleicht interpretiere ich da ja zuviel rein, vielleicht sehe ich mehr als von den Machern beabsichtigt war, aber dieses You-Are-You (Du bist Du) Ding hat für mich funktioniert. Ich hatte das Gefühl, Teil einer Geschichte zu sein.
Und das nicht nur, weil ich Welten erforscht habe, sonder weil ich das mit Anderen zusammen gemacht habe.
Dieses "Zusammensein", die Gemeinschaft, bedeutete die Zeitalter zu besprechen, über die Story nachzudenken, was sie bedeutet. Zusammen zu überlegen, was die Zukunft wohl für uns bereit halten würde, ob wir uns entscheiden müssten... und so weiter.
Zusammensein bedeutete Leuten aus aller Welt zu begegnen, und das auf eine friedvolle, ehrlich aneinander interessierte Art und Weise.
Zusammensein bedeutete sich gegenseitig zu helfen, einfach nur so. Die meisten Uru-Freundschaften haben sich ergeben, weil man sich bei den Rätseln geholfen hat.
Andere sind Freunde geworden, weil sie entdeckt haben, dass sie gemeinsame Ansichten teilen, oder aber, weil unterschiedliche Meinungen zu interessanten Diskussionen und Einsichten geführt haben. Und dies betraf nicht nur die Geschichte im engeren Sinn des "Spiels", sondern in einem weiter gefassten Sinn.
Ich erinnere mich an so viele Erlebnisse, die ich mit anderen Forschern ("Spieler" nenne ich sie hier nicht!) hatte, wenn wir gemeinsam durch die Zeitalter gestreift sind.
Da standen wir stundenlang vor den Felszeichnungen in Kemo und haben versucht, auch den kleinsten und unscharfsten Fitzel zu deuten, immer auf der Suche, die Puzzelteile zusammenzufügen. Die "Was siehst du,...?"-Idee (aus dem Buch Atrus) wurde somit lebendig.
Gahressen war auch ein wichtiges Thema. Da haben wir in dem Erhalteranzug-Raum gesessen und diskutiert, manche wurden richtig wissenschaftlich, andere haben eher mitspekuliert, man hat viel voneinander gelernt.
Leider hatte ich nicht die Gelegenheit, mit den Online-Charakteren in häufigen Kontakt zu treten, aber ich erinnere mich an ein Zusammentreffen mit Sharper, das ich sehr aufregend fand. Es war kurz nachdem die Bauhelme auf dem Tokotah-Dach entdeckt wurden. Die meisten von uns haben sie nicht nur als "Belohnungs-Osterei" gesehen. Wir dachten, sie seien möglicherweise wichtig, wir hatten darüber gesprochen, ob das Tragen der Helme bedeutete für oder gegen den DRC zu sein. Als Sharper auftauchte, haben wir ihn gleich nach den Helmen gefragt. Dass wir sie gefunden hätten und was wir mit ihnen tun sollten. Und was macht er? Beschuldigt uns des Diebstahl! Das hat den Helmen gleich eine neue Bedeutung verliehen. Einige haben den Helm schnell wieder abgesetzt, weil sie Konsequenzen fürchteten. Andere haben ihn mit Stolz getragen, von Sharper beschuldigt zu werden konnte eine verquere Art von Ehre sein.
Man könnte das alles "Rollenspiel" nennen und auf andere Rollenspiel-Formen verweisen, vielleicht ist das ja so, ich hatte vor UruLive damit keine Erfahrungen gemacht.
Ich denke, dass die Tatsache, dass richtige Menschen die Charaktere gespielt haben und diese auch mit den Forschern interagiert haben, die Möglichkeit beinhaltete, die Geschichte und den Plot dynamisch zu halten. Ich hatte immer das Gefühl, dass diese Begegnungen, so nebensächlich sie auch gelegentlich zu sein schienen, ein Teil der Geschichte waren, dass damit die Geschichte erzählt oder besser gelebt wurde.
Alles konnte passieren, vielleicht nicht sofort, aber es war möglich, denkbar. Dies trifft vor allem auf die "Politik" in Uru zu. Die Frage, wem man folgen sollte, wem man vertrauen könnte, hat viele von uns beschäftigt. Wir bekamen eine Menge an Informationen, aber nie genug davon. Und weil wir so oft darüber spekuliert haben, wurden die Informationen mehr und mehr. Ich persönlich hätte es vermutlich vorgezogen, mich für keine der beiden Fraktionen - Yeesha oder DRC - zu entscheiden. Ich habe keinem von beiden ganz vertraut, aber einige Motive und Beweggründe verstanden. Das hätte großartig werden können. Forscher, die sich in unterschiedliche Interessengruppen aufspalten, vielleicht wieder zusammenfinden..., und so weiter und so fort.
Ich glaube, hier wäre es nicht nur um die Geschichte von Uru gegangen. Dies hätte was mit dem Leben an sich zu tun gehabt oder eher damit, wie wir die Welt sehen und wie wir sie uns vorstellen oder wünschen.
Ich weiß, das klingt albern, übertrieben, wie von jemandem, der kein Offline-Leben hat. Aber - wie jeder andere - habe auch ich ein richtiges Leben. Und wenn ich mir diesen Text so durchlese, hat das meiste auch etwas mit meinem richtigen Leben zu tun, hat mit Dingen zu tun, die mich beschäftigen, interessieren, mir wichtig sind. Virtuelle Realität - möge sie auch noch so außergewöhnlich wie UruLive sein - macht uns oder die Welt nicht zu etwas anderem. Aber sie bietet die Möglichkeit von... ich weiß nicht, Möglichkeiten eben, Veränderungen, Wandel.
Der Sonntag, bevor die Server abgeschaltet wurden, war mein letzter Tag online in Live. Meine Uru-Freunde und ich hatten die letzte Woche schon Abschied gefeiert. Wir hatten noch mal eine Menge Spaß, haben uns Geschichten erzählt, die wir gemeinsam gelebt haben, haben verzweifelt noch Spiele erfunden, die wir nicht mehr zusammen hätten spielen können.
Als der Zeitpunkt gekommen war offline zu gehen, habe ich ungefähr eine Stunde lang geheult.
Heute blicke ich gerne zurück. Das war eine ganz besondere Zeit. Manche Leute sind irgendwie verschwunden, andere Uru-Freunde sind wieder zu entfernten Bekannten geworden. Aber einige Freunde gibt es noch und es könnte sein, dass die Freundschaft bleiben wird. Was für ein Gewinn.
Liebe Grüße an alle
Ireen
P.S.: Wie gesagt, über Antworten, Meinungen, Erinnnerungen und Geschichten würde ich mich sehr freuen.