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"War of the Worlds" Filmreview ***SPOILER***

Verfasst: 02.07.2005, 09:43
von KlyX
Gestern Abend sass ich in dem Film drin, und ich dachte, ich schreib euch hier mal ein Review für alle, die ihn ansehen wollen ;)

Spielberg und Cruise haben schon im Vorfeld des Film einen grossen Wirbel um den Film gemacht, da keine Kritiken vor dem Erscheinungstermin (weltweit 29.6.) veröffentlicht werden durften. So musste man also bis zu dem Tag warten, bis man etwas lesen konnte. Die Kritiken im Internet gingen dann auch vom "besten Film des Jahres" bis zu "kein neues Meisterwerk von Spielberg". Da bleibt nur eines: sich selbst eine Meinung bilden.

Die Einleitung des Films ist schön. Ausgehend von einem extrem mikroskopischen Wassetropfen auf einem Blatt, bis auf die komplette Erde, beginnt der Film mit der Botschaft, dass wir wohl nicht allein sind. Und dann geht es los mit der Story: Ray Ferrier (Tom Cruise; "Mission Impossible", Vanilla Sky")) arbeitet als Hafenarbeiter in New York und ist gewissermassen das Vorzeigemodell eines Loosers. Er ist geschieden, hat zwei Kinder, die er für jeweils ein Wochenende versorgen soll und sein Haus zeugt davon, dass er alleine lebt (man denke an die Szene, wo sein Sohn Robbie das mitgenommene Essen aus Rays Wohnung auspacken soll... Lauter Saucen. "Ich sagte doch, du solltest was zu essen einpacken" "Das war alles, was du hattest"). Ferriers Frau (Miranda Otto; "The Lord of the Rings") weiss auch von Ray Chaotentum und macht sich nicht unberechetigterweise Sorgen um das Wohl der Kinder, als sie mit ihrem neuen Mann zu ihren Eltern fährt. Robbie, Rays Sohn ist im Teeniealter und rebelliert auch entsprechend ziemlich gegen den Vater, den er nicht wirklich ausstehen kann. Die kleine Rachel hingegen (Takota Fanning; "Man on Fire") kommt mit 'Daddy' Ray ganz gut zurecht.... denkt man.
Als auf einmal ein Gewittersturm ausbricht, ist der Familie nicht mehr ganz geheuer. "Das ist kein Gewitter. Es gibt keinen Donner", stellt Ray fest. Und kaum ist der Sturm vorbei, da geht es auch schon los: Aubrechende Strassen und zusammenfallene Häuser - riesige, dreibeinige Roboter kommen aus dem Erdboden - wo sie sinnigerweise schon Millionen Jahre gewesen waren - und machen alles zunichte was sich bewegt.
Ray macht sich mit Robbie und Rachel auf die Flucht... Aber wo sie auch hinkommen währt die Ruhe nicht lange. Die Tripods sind schnell und kennen kein Erbarmen. Und zu allem Unglück will Robbie auch noch 'dabei' sein im Kampf gegen die Dinger. Papa Ray hat ganz schön zu kämpfen.

Wer denkt, dass es sich bei dem Film nur um eine Peng-Peng Sci-Fi-Story handelt, wie das etwas bei "Indipendence Day" (1996) der Fall war, der irrt. Schon nur die Tatsache, dass die Geschichte von H.G.Wells schon 1898 geschrieben wurde, dürfte klar machen, dass hinter der Story mit den Ausserirdischen noch viel mehr steckt. Da wäre zum Beispiel die verrüttete Familiensituation der Ferriers. Ray hat mit seinen zwei Kids so seine Mühe. Robbie, der Teenager, will im Kampf dabei sein, gleichzeitig fühlt er sich seiner kleinen Schwester verpflichtet, die das alles so wenig wie möglich erleben sollte. Ray will seiner Rolle als Vater gerecht werden, was ihm aber als alleinstehender ziemlich schwer fällt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass es im Film immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Dreien kommt. Und als Ray sich dann zwischen seinem Sohn und seiner Tochter entscheiden muss, steht er vor eine schweren Entscheidung.
Gerade in der zweiten Hälfte des Films wird einem klar, dass zu der Gefahr der Ausserirdischen, noch eine weitere Gefahr hineinspielt: Der Mensch selbst. Jeder denkt nur an sich, ergo muss es zu Problemen kommen. Dies kommt auch im Film klar zum Ausdruck. Zudem werden die Aliens nicht von den Menschen geschlagen. Die Menschen sind sich eher ihr eigener Feind.

Zwei Dinge geben dem Film seine Power: Zum Einen die super Besetzung der Rollen, zum Anderen die geniale Kameraführung. Cruise als Ray Ferrier hat schon so seinen Wert. Er spielt seine Rolle auch absolut klasse. Noch viel beeindruckender ist aber Jungstar Dakota Fanning als Rachel, auch schon bekannt aus "Man on Fire" (2004). Sie bringt mit ihrer Art und ihrer Mimik das zum Ausdruck, was in einem jungen Mädchen so alles vorgeht, bei einem solchen Ereignis. Rachels Charakter ist eher 'hochgestochen, alleswisserisch', aber je länger der Film dauert, desto mehr kommt das 'Mädchen' zum Ausdruck. Panikattacken. Schockzustände... In der sehr schweren Rolle ist Dakota bemerkenswert und man sollte beim anschauen des Films ein Augenmerk auf sie richten. Schade aber, dass Mirana Otto (Eowyn in "The Lord of the Rings") nur eine so kurze Rolle hatte. Aus der Rolle der Ehefrau hätte man auf jeden Fall noch meher machen können.
Auch an der Kamera mangelt es nicht. Ein sehr guter Schnitt und eine gelungene Kameraführung geben dem Film eine gewisse Tiefe. Nahaufnahmen einzelner Charaktere und in einzelnen Szenen sehr gute Kamera-Film-Effekte (man bedenke die Beiden Loch-im-Glas-Szenen) lassen die Wirkung noch einmal steigern.
Auch die Spezialeffekte lassen nichts zu wünschen übrig. Spielberg-typisch gross und wuchtig, kommen sie im Film zum Einsatz.
Nicht zu vergessen ist auch der Humor, der trotz der schweren Handlung hin und wieder zum Ausdruck kommt. So lässt einem bereits die Aussage nach stundenlanger Autofahrt von Dakota zum Schmunzeln bringen: "Daddy, ich muss dringend mal". Ebenfalls zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken (und zum Lesen einer Art 'Submessage' des Films) bringt einem die Szene im Auto, wo Sohn Robbie fragt, ob man es mit Terroristen zu tun habe. Vater Ray: "Nein, die Angreifer kommen von ganz woanders". Robbie: Du meinst, aus Europa?".

Allerdings hat der Film auch so seine Schwachstellen: Er ist zuweilen etwas langfädig, der Handlungsablauf ist immer wieder derselbe (Flucht vor den Robotern). Obwohl der Film dabei nie langeweilig wird, ist manchmal der nächste Handlungsablauf bereits klar, bevor er eintrifft. Inhaltlich ist auch das Ende sehr mager gehalten. Man wünscht sich als Kinogänger noch einiges mehr an Erklärungen. Und dass die Roboter nach Millionen von Jahren Planung von den Mikroorganismen auf der Erde ausser Gefecht gesetzt werden, tönt irgendwie in der kurzen Erklärungsphase nicht wirklich plausibel. Wer nicht gerne Ausserirdische mit Zerstörungswut mag und etwas gegen fiese Roboter hat, wird an dem Film aber auch nicht unbedingt seine Freude haben. Spielberg erfindet die Ausserirdischen keineswegs neu. Wir haben es mit Aliens und Robotern zu tun, die auf Zerstörung aus sind. Zerstört wird mit einem "Desintegrierstrahl", viel Feuer, Zerstörung und Tote sind vorausgeplant.
Auch hat der Film so seine Unlogiken: Rays Auto fährt und fährt und fährt ohne Nachtanken zu müssen, um ein Beispiel zu nennen. Oder wieso jagen die Tripots nicht gleich das Versteck der Ferriers in dir Luft, sondern kommen erst mit 'Suchgeräten' und anschliessend persönlich in den Keller? Vielleicht sollte man sich noch das Buch zulegen, um da nochmals genauer nachzulesen.

Fazit:
Der knapp 2-stündige Film mag auf grossen Strecken überzeugen. Schauspieler und Kameraführung machen den Film zu einer Charakterstudie. Umgekehrt wird aber auch viel geballert und viel von den Tripods zerstört. Wer das nicht so mag, darf sich aber immer wieder auf die ruhigen Zwischensequenzen freuen. Streckenweise ist der Film etwas zähflüssig, gleiche Handlungsmuster trüben die sonst stetig vorhandene Spannung etwas.

Punkte: 6/10

KlyX

Verfasst: 03.07.2005, 12:49
von Hamsta
Ich fand den Film auch ganz gut gelungen, wenn auch etwas sehr aktion lastig...
Die Geschichte an sich ist sehr nah am Roman von H.G. Wells (den ich persönlich gar nicht so gut fand).
Roboter habe ich aber keine im Film gesehen?!? ;-)
Das Ende fand ich total OK, mich hats gefreut das die Hälfte der Kiddis im Kino das nicht geblickt haben... man musste halt auch ein wenig seinen Grips anstrengen und den Zusammenhang verstehen :-P

Nett finde ich das du immer die Tripods erwähnst, welche ich nur hieher kenne: Die dreibeinigen Herscher und mir, der gerade erst die alte Fernsehserie gesehen hat und die 4 Tripods Bücher liest, ist aufgefallen das in der deutschen Fassung von War of the Worlds die ganze Zeit von "Dreifüßlern" die rede ist, und nicht von "Dreibeiner" :D

Kennt eigentlich jemand den alten War of the Worlds Film von 53? Den würd ich mir jetzt auch gerne mal ansehen.

Verfasst: 03.07.2005, 15:40
von KlyX
Das was aus dem Boden kam, waren Roboter... eben Dreifüssler.. Gesteuert von den Aliens... ach ja: Tripods heisst ja nix anderes, als Roboter mit drei Füssen :D
Ich fand das Ende auch nicht generell schelcht... Allerdings wars halt u.a zu sehr Hollywood ;) Den Film von 53 kenn ich nicht... auch das Hörspiel leider nicht.
Schön fand ich am Anfang und am Schluss die Zitate, die meiner Meinung nach direkt aus dem Buch kamen (tönten so alt ;) )...

Re: "War of the Worlds" Filmreview ***SPOILER***

Verfasst: 04.07.2005, 10:57
von Mucol
KlyX hat geschrieben:...Schon nur die Tatsache, dass die Geschichte von H.G.Wells schon 1898 geschrieben wurde, dürfte klar machen, dass hinter der Story mit den Ausserirdischen noch viel mehr steckt. Da wäre zum Beispiel die verrüttete Familiensituation der Ferriers. ...
Die Familiengeschichte kommt in dem Buch gar nicht vor.

Vielmehr ist diese gerade wieder ein altbekanntes Spielberg-Lieblingsklischee: Zerrüttete Familie, die in der Not (halbwegs) zusammenfindet - *gääähn.

Und Cruise - naja - ich finde, es gelingt ihm wie so oft NICHT hinter der Rolle zu verschwinden - man sieht nie die Rolle, sondern immer nur Cruise, der eine Rolle spielt.

Aber ich bin überrascht: Trotz Spielberg UND Cruise ist der Film doch weitgehend passabel und auch deutlich - sogar im Design der Aliens und deren Maschinen - am Original von H.G. Wells geblieben. Es war ja zu befürchten, dass Spielberg das Buch bis zur Unkenntlichkeit verzerrt.

Interessant übrigens, dass gerade die monierten Unlogiken im Film die Stellen sind, die von Spielberg in die Originalstory eingebaut wurden.

Spielberg wird mit Sicherheit nicht an die Sensation hinkommen, die seinerzeit Orson Welles mit seinem Hörspiel zum Buch hingelegt hat.

Aber Hamsta hat natürlich recht:
Dass die meisten das Ende nicht verstehen (und von daher schlechte Kritiken abliefern) ist eher witzig.

Und die tiefe Ironie in dem (von H.G. Wells vorgegebenen) Ende muss man erst mal kapieren: Dass die Aliens nämlich genau davon "besiegt" werden, was auch die Menschen letzlich fast zugrunde gerichtet hat:

Die Selbstgefälligkeit durch eine vermeintliche technische Meisterhaftigkeit (- die sich schnell erledigt, wenn ein deutlich überlegener Gegner auftaucht und einem die eigene Lächerlichkeit vorführt :P )